Donnerstag, 29. Januar 2009

Contergan Geschädigte bedrohen die Sicherheit in Berlin

Am Nikolaustag 2008 hatten sich 50 durch Contergan Geschädigte aus Deutschland, Spanien und Großbritannien vor dem Brandenburger Tor getroffen, um für eine höhere Entschädigung zu demonstrieren. Diese Veranstaltung war bei der Polizei angemeldet und genehmigt
Monika Eisenberg die 2. Vorsitzende des 
Bund Contergangeschädigter
und Grünenthalopfer e.V.
 hatte einen ein Meter hohen Tannenbaum mitgebracht. Daran hatten die Teilnehmer Zettel mit ihren persönlichen Wünschen an die Bundeskanzlerin gehängt.
Als die Demonstration gegen 15.30 Uhr beendet war, hatten einige Teilnehmer die Idee gemeinsam den Tannenbaum bei Frau Merkel vorbei zu bringen, damit die Bundeskanzlerin die Wünsche selbst lesen kann.

Dann setzten sich etwa 15 Teilnehmer zu Fuß oder im Rollstuhl in Bewegung. Zwei Sicherheitsbeamte stoppten sie am Anfang der Straße zum Wohnhaus der Bundeskanzlerin und erklärten, dass nichts abgegeben werden dürfte.

Da die Sicherheitsbeamten nicht wussten, was mit dem Baum geschehen sollte, riefen sie die Polizei. Zwei Polizisten boten an, den Baum im Bundeskanzleramt abzuliefern. Die Beamten luden den kleinen Baum auf den Beifahrersitz und nachdem sie die Personalien von Frau Eisenberg notiert hatten, fuhren sie davon.

Damit war die Veranstaltung endgültig beendet und die Teilnehmer verabschiedeten sich voneinander.

Leider musste Frau Eisenberg jetzt erfahren, dass die Berliner Polizei den Fußmarsch vom Brandenburger Tor zu Merkels Privatwohnung als nicht angemeldeten Demonstrationszug wertet. Aus diesem Grund wurde sie von der Kölner Polizei zu einer Vernehmung vorgeladen.

Jede mediale Aufmerksamkeit ist den durch Contergan Geschädigten recht, auch wenn eine krumm gewachsene Konifere für die Kanzlerin der Anlass ist.

Freitag, 5. Dezember 2008

"Kampf gegen AIDS" Vom Stereotyp zum Feindbild

Das Unendliche, Grenzenlose, Nicht-Endende ist der direkten menschlichen Erfahrung unzugänglich. Es wird durch eine liegende Acht symbolisiert.


Achtmal bemühte Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer Rede beim Empfang anlässlich des 25. Jubiläums der Deutschen AIDS-Hilfe die Metapher des „Kampfes gegen AIDS“.


Frau Dr. Merkel ruft die Politik,  die medizinische Forschung,  die gesamte Zivilgesellschaft – und somit letztlich jeden Einzelnen in unserer Gesellschaft auf, sich in die "Phalanx gegen AIDS" einzureihen. Die Phalanx war eine im antiken Griechenland übliche Schlachtformation - eine dicht geschlossene, lineare Kampfformation schwer bewaffneter Infanterie mit mehreren Gliedern.


Mit diesen Worten möchte die Bundeskanzlerin erreichen, dass sich weniger Menschen infizieren und die Krankheit besiegt wird.


Es muss die Frage erlaubt sein, ob diese kriegsmetaphorische Ausdrucksweise der Sache respektive den Menschen mit HIV und AIDS gerecht wird.


Im folgenden deshalb eine kurze Schilderung der gegenwärtigen Situation in Deutschland aus Sicht der betroffenen Patienten:


Falsche Angst vor Ansteckung

Die Zeiten, in denen es noch Unklarheiten über mögliche Ansteckungswege gab, sind vorbei. Jedermann ist sich bewusst, wann er in Gefahr ist und wie er sich wirksam schützen kann.

Daher ist es unverständlich, dass noch im Jahr 2008 die Adressen von Zahnärzten, die Patienten mit einer HIV-Infektion ohne Vorbehalt behandeln, unter den Betroffenen als Geheimtipp gehandelt werden.


Ärztliche Beratung in Gefahr

Die Behandlung ist mit jedem Patienten individuell zu klären. Mögliche Nebenwirkungen und die Lebenssituation des Patienten müssen aufeinander abgestimmt werden.

Daraus ergibt sich ein hoher Aufwand an Beratungszeit. Im Gegensatz zu medizintechnischen Maßnahmen sind diese Gespräche nicht kostendeckend abzurechnen. Aus diesem Grund wurde eine Vereinbarung über eine Sonderziffer zur Abrechnung der Behandlung eingeführt.

In Anbetracht der Wettbewerbssituation, die sich für die Krankenkassen mit der Einführung des Gesundheitsfonds zum 1.1.2009 ergibt, wurde diese Vereinbarung von nahezu allen Krankenkassen für Patienten in Hamburg gekündigt.


Weltweite Einreisebeschränkungen 

In mehr als 70 Ländern gelten Einreisebeschränkungen für Menschen mit HIV und Aids, 30 Länder weisen Positive aus. Zu den 30 Ländern, die Menschen alleine wegen ihrer HIV-Infektion kriminalisieren, gehören unter anderem: die russische Föderation, Saudi Arabien, China und die Vereinigten Staaten von Amerika. In Deutschland bestehen in Bayern immer noch Sonderregelungen.


Die genannten Beispiele aus Sicht der Betroffenen zeigen, dass neben der Reduzierung der Neuinfektionen auch die angemessene Versorgung und gesellschaftliche Integration von über 65.000 Menschen mit HIV und AIDS in Deutschland als gemeinsame Ziele zu setzen sind. 


Das Motto des ersten Welt AIDS-Tages 1988 war "Schließt Euch den weltweiten Bemühungen an".  Wünschenswert ist, sich heute erneut daran zu erinnern und nicht in Metaphern zu schwelgen, die einer Dämonisierung der Krankheit und damit auch der Kranken Vorschub leisten.


Die Infektion ist für den Betroffenen der Beginn einer endlosen Auseinandersetzung mit seiner Lebenssituation. Er sieht sich einer unüberschaubaren Anzahl von Bedrohungen ausgesetzt. Deshalb ist die grenzenlose Unterstützung durch die gesamte Gesellschaft absolut notwendig.